
Frankreichs Abstieg in die Unregierbarkeit: Macron setzt auf Kriegsminister als letzten Rettungsanker
Die Grande Nation taumelt von einer Krise in die nächste. Nach dem spektakulären Scheitern seines dritten Premierministers innerhalb von nur neun Monaten greift Emmanuel Macron nun zu einem verzweifelten Schachzug: Der bisherige Verteidigungsminister Sébastien Lecornu soll als neuer Regierungschef das politische Chaos beenden. Doch die Ernennung eines Kriegsministers in Zeiten höchster innenpolitischer Spannungen sendet ein fatales Signal an die aufgebrachte Bevölkerung.
Das Erbe gescheiterter Experimente
François Bayrou hielt sich gerade einmal neun Monate im Amt – ein Rekord selbst für französische Verhältnisse. Seine Niederlage bei der Vertrauensabstimmung am 8. September war vorhersehbar. Der 39-jährige Lecornu, den Macron als politischen "Überlebenskünstler" schätzt, erbt nun ein zerrüttetes Land. Die Fünfte Republik, einst von Charles de Gaulle als Bollwerk gegen politische Instabilität konzipiert, gleicht heute eher einem Kartenhaus im Sturm.
Macrons verhängnisvolle Entscheidung, 2024 vorgezogene Parlamentswahlen auszurufen, hat Frankreich in eine parlamentarische Sackgasse manövriert. Sein zentristische Block verlor massiv an Boden, während Marine Le Pens Rassemblement National und die extreme Linke triumphierten. Das Ergebnis: Ein zersplittertes Parlament, das jede vernünftige Regierungsarbeit unmöglich macht.
Die Quadratur des Kreises
Lecornus Mission gleicht einer Herkulesaufgabe. Er soll mit allen politischen Kräften verhandeln und einen Haushalt für 2026 durchbringen – in einem Land, das praktisch unregierbar geworden ist. Die Sozialisten fordern höhere Steuern für Vermögende, während die Rechte genau dies kategorisch ablehnt. Als Mann mit rechtskonservativen Überzeugungen dürfte es Lecornu noch schwerer fallen als seinem Vorgänger, tragfähige Kompromisse zu schmieden.
Die wirtschaftliche Lage verschärft sich dramatisch: Französische Staatsanleihen werden mittlerweile schlechter bewertet als die von Spanien, Portugal oder sogar Griechenland. Eine Herabstufung der Kreditwürdigkeit droht.
Ein Land am Siedepunkt
Die Stimmung auf Frankreichs Straßen erreicht gefährliche Temperaturen. Für diesen Mittwoch plant die extreme Linke landesweite Proteste gegen die Sparpolitik, gefolgt von massiven Streiks am 18. September. Gewerkschaften mobilisieren in Krankenhäusern und im Bahnverkehr. Der renommierte Analyst Dominique Moïsi spricht von einer "beispiellosen Frustration und Wut auf die politische Elite" – Worte, die an die Vorboten der Französischen Revolution erinnern.
Macron, der 2017 antrat, das traditionelle Parteiensystem zu sprengen, hat genau das erreicht – allerdings mit verheerenden Folgen. Seit dem Verlust seiner parlamentarischen Mehrheit 2022 regiert er mit umstrittenen Notverordnungen nach Artikel 49.3 der Verfassung. Ein demokratisches Armutszeugnis für einen Mann, der sich einst als Erneuerer präsentierte.
Der deutsche Spiegel
Während unsere Medien gerne auf die Probleme unserer Nachbarn zeigen, sollten wir nicht vergessen: Deutschland steht kaum besser da. Auch bei uns regiert eine Große Koalition ohne echte Visionen, während die Kriminalität explodiert und die Wirtschaft schwächelt. Die Parallelen sind unübersehbar – nur dass wir noch nicht einmal den Mut haben, über echte Alternativen nachzudenken.
Umfragen deuten darauf hin, dass das Rassemblement National bei Neuwahlen stärkste Kraft werden könnte. Viele Beobachter erwarten, dass Marine Le Pen spätestens 2027 die Macht übernehmen wird. Ein Szenario, das in Brüssel und Berlin für Alpträume sorgt – aber vielleicht genau der Weckruf ist, den Europa braucht.
Lecornus einziger Trumpf
Paradoxerweise könnte die allgemeine Angst vor Neuwahlen Lecornus größter Vorteil sein. Weder die Linke noch die gemäßigte Rechte wollen derzeit an die Urnen – zu groß ist die Furcht vor weiteren Verlusten an Le Pens Bewegung. Diese Gemengelage könnte dem neuen Premier ein schmales Zeitfenster für Verhandlungen öffnen.
Doch die Uhr tickt unerbittlich. Mit jedem gescheiterten Reformversuch, mit jeder neuen Krise wächst der Unmut in der Bevölkerung. Frankreich steht an einem historischen Wendepunkt – und die etablierte Politik hat keine überzeugenden Antworten mehr. Die Ernennung eines Verteidigungsministers zum Regierungschef in dieser explosiven Lage wirkt wie eine letzte, verzweifelte Machtdemonstration eines Präsidenten, der längst den Kontakt zur Realität verloren hat.

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